Bericht: Sun Netra T1 105

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Schrank21
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Bericht: Sun Netra T1 105

Post by Schrank21 »

Der Artikel hier ist übrigens vorerst tualatin.de-only, noch nichtmal auf meiner Webseite. Dafür muss ich umsortieren und so, das ist mir atm zu aufwändig...

Sun T1

Heutzutage gibt es viele Server zu kaufen, auch sehr günstige.
Server sind aber nunmal für Geschäftskunden gebaut worden. Dokumentation gibt es oft nur gegen Registrierung und einen Weg ins "offene" Web findet sowas kaum. Genauso Empfehlungen, welche nun gut sind, was für Macken existieren, findet man nicht.
Entweder, man kennt jemanden, der seinerzeit damit zu tun hatte, oder man muss blind kaufen...

Sooo, ich will jetzt aber mal eine Empfehlung abgeben.
Es geht um die Sun Netra T1 105. Die ist 1999 erschienen und wird heute (Herbst 2009) immer noch von 30-200 Euro gehandelt, je nachdem, wie eilig man es mit dem Kaufen hat.
Ausstattung:
-1HE-Gehäuse, 50cm Tiefe, 108W-Netzteil
-Sun UltraSPARC IIi 360/440Mhz mit 1MB/2MB Cache
-2xSCA-LVD-Platten (meist mit 9, 18 oder 36GB)
-1xSlim-Laufwerks-Slot (mit CD-ROM)
-max. 1GB RAM (meist mit 256, 512 oder 1024MB zu bekommen)
-2xFast Ethernet onboard
-2xRS232
-1xPCI 32Bit 33Mhz
Den RAM kann man zwar theoretisch aufrüsten, praktisch kriegt man aber diese komischen Riegel nicht (siehe Bilder). Höchstens zwischen verschiedenen Rechnern kann man umstecken.

Interessant ist auch die Spezifizierung der Netra-Serie, dass die extra für "unangenehme Umgebungen" gebaut sind.
Auf der Webseite dazu findet mann dann lustige Dinge wie Resistenz gegen (alles in Maßen) Feuer, Erdbeben, Feuchtigkeit. Die Betriebstemperatur sollte zwischen 0-40°C liegen, für maximal drei Tage und weniger als 1800m Höhe sind auch -5-55°C zugelassen.
Genaueres dazu kann man sich auf der passenden Webseite von Sun bzw. zu den Spezifikationen durchlesen (siehe Links).


Die CPU ist kein x86, sondern ein SPARC64. Wer nicht drauf programmiert, den wird das nicht groß kümmern.
Man findet von vielen Betriebssystemen auch Sparc-Versionen. So ziemlich alle BSDs haben eine, Debian auch, wie es bei anderen Distributionen aussieht, weiß ich nicht. Windows wohl eher nicht, aber da habe ich mich nicht erkundigt.
Da man keine Grafikkarte oder auch nur USB hat, dürfte das ohnehin schwer werden.
Ein paar Besonderheiten gibt es aber...
Zum einen, dass man statt einer PC-Partitionstabelle ein Sun-Disklabel hat. Ist irgendein Abkömmling vom BSD-Disklabel und fühlt sich auch genauso an, keine Ahnung, was die genauen Unterschiede sind.
Außerdem hat man kein BIOS, sondern OpenBoot. Im Prinzip sind einem hier keine Grenzen gesetzt, man hat einen Forth-Interpreter, d.h. quasi schon ein Betriebssystem für sich. Man muss sich aber nicht damit beschäftigen. Ich hätte auch keine Lust gehabt, aber man kommt damit auch nicht in Berührung. Das Auswählen des Boot-Devices geht einfach über z.B. "boot cdrom", mehr ist da nicht.
Sich OpenBoot anzugucken, lohnt sich aber auf jeden Fall, alleine mal den Device-Tree durchzugehen und sich insgesamt umzugucken, ist interessant...
Wer schon ein OS drauf hat und trotzdem noch in OpenBoot reinwill, muss einfach beim Starten (z.B. beim RAM-Hochzählen) in seinem Terminal ein Break senden.
Die Sun-Dokumentation (auf der T1-Seite verlinkt) ist auch sehr gut, einfach mal reinlesen.

Unter dem OpenBoot steht natürlich noch ein Management-Interface, das Lights-Out-Management (LOMLite). Hier hat man auch eine CLI, mit der man das System starten, ausmachen und resetten kann. Außerdem die Fehler-LED und Alarme steuern, Infos zum System und Monitoring-Sachen anzeigen.
Es gibt auch noch ein Interface für das Betriebssystem, das z.B. den Watchdog benutzt (nach bestimmter Zeit Nicht-Zurückmelden wird das System als eingefroren angesehen und neugestartet). Ob und wie das bei modernen OS unterstützt wird, weiß ich aber nicht. Ein 10 Jahre altes Solaris sollte es zumindest können... ;-)
Stabilität und Robustheit der Hardware selber ist aber super, man wird also eher Betriebssystem-Abstürze haben. Man sieht bei Ebay quasi nie kaputte T1en, ich habe schon mehrere T1en im Einsatz gesehen, und keine hatte Stabilitätsprobleme wegen der Hardware.


Leider merkt man auch, dass das System fürs Rechenzentrum ausgelegt ist. 80W Verbrauch im Idle (mit 4-Port-Fast-Ethernet-Karte, 1GB RAM, 2x15kUpm-platten) sind nicht wenig für das bisschen Leistung, wenn er ausgeschaltet ist, bleiben noch 7W übrig (die LOM). Auch die Lautstärke ist nichts, was man in bewohnten Räumen benutzen will.
Obwohl das Gehäuse schon sehr sexy ist, das muss man wirklich sagen... Das ganze steckt in einem fast quadratischen 1HE-Gehäuse in sexy Blaugrau und großem Sunlogo. Alle Schalter und Anschlüsse sind an der Rückseite, nur Fehler- und Status-LED sind an der Vorderseite.
An die Festplatten kommt man, indem man die Plastikblende vorne abnimmt (ist nur festgeclippt) und dann noch ein Metallgitter vor den Platten (ist nur reingeschoben). Die Platten selber sind in Hot-Swap-Rahmen, ist schließlich SCA...
Man muss im Endeffekt nur die Platten in den Rahmen reinschrauben, der Rest geht auch ohne Werkzeug einfach.


Als letztes bleibt natürlich noch die Leistung interessant. Man muss vor allem bedenken: 1. Die T1 ist mittlerweile 10 Jahre alt und 2. Es geht um Sparc64, nicht um x86.
Einen wesentlichen Unterschied merkt man daran, wie die Maschine parallel Dinge abfertigt.

Klingt alles erstmal nicht so berauschend, v.a. mit x86-Hardware verglichen, ich werde auch keine konkreten Benchmarks reinstellen - mit was sollte man vergleichen, bei dem Alter? Außerdem habe ich auf ihr ein anderes Betriebssystem als auf meinen anderen Maschinen drauf...
Was ich von anderen hörte, über die ich erst an die T1 rangekommen war, war "Sie ist langsam und sie bleibt langsam." - und das stimmt absolut.
Um das mal ein wenig genauer anzugucken, habe ich einfach viele Fakultäten berechnen lassen - siehe das Skript unten. So richtig ernstzunehmen ist das nicht, schließlich ist dadrunter noch die Python-Umgebung und außerdem ist das OS-abhängig, aber zum Lasterzeugen reicht's...
Im Hintergrund entpackte ich dann noch pkgsrc (großes bzip-File), die Load stieg dann über 3.
Dann per ssh einloggen, noch mehr tars entpacken und nebenbei auf die Festplatte schreiben. Ließ sich alles bequem machen, ohne irgendwelche Hänger zu bemerken. Zwar war alles insgesamt natürlich langsamer (z.B. 2,5MB/s Schreibrate), aber hat trotzdem schnell reagiert.

Zumindest ist klar: Man sollte nicht auf die Leistung achten. An dem einen Paket hier entpackt sie schon Ewigkeiten und wird auch noch ewig brauchen... Aber sie macht das ganze auch seriös. Wenn man was großes kompilieren will, lässt man es halt über Nacht laufen... Weiterarbeiten tut sie trotzdem.


Fazit:
Leistung hat sie absolut nicht. Ist aber trotzdem eine nette Maschine, die ihre Aufgaben erledigt. Wer einfach nur seinen privaten Server haben will, um dadrauf SVN, ein bisschen Web oder irc zu parken, der wird auf jeden Fall zufrieden sein. Für den Gameserver mit 1000 Spielern ist sie jedenfalls weniger geeignet...
Ich war auch gar nicht so an der Leistung interessiert, ich fand viel eher mal was anderes als x86 interessant. Und dafür hat es sich gelohnt.
Preislich liegen die T1en stark unterschiedlich. Ich habe meine mit 1GB RAM, 440Mhz, 2x18GB, 4xEthernet-Karte und CD-Laufwerk für 35 Euro + Versand bekommen. Momentan z.B. liegen alle Angebote bei Ebay bei 50 Euro oder höher.
Man sollte sich ansonsten auch mal die Sun Netra X1 angucken. Insgesamt ähnlich der T1, hat aber IDE-Platten, afaik normaleren RAM, ist wesentlich schlanker und verbraucht weniger.
Es gibt auch noch die T1 AC200, die neuer ist als die 105 (erkennbar daran, dass das CD-Laufwerk unten links und nicht mittig sitzt). Die geht so bei 70 Euro los, bei den momentanen Preisen der T1 105 lohnt sich die AC200 fast mehr.

Code: Select all

#!/usr/bin/env python2.6

import threading
from time import sleep

class FacLauncher%u28threading.Thread%u29%u3a
    def run%u28self%u29%u3a
        for i in range%u280, 300%u29%u3a
            sleep%u280.2%u29
            Faculty%u28i%u29.start%u28%u29

class Faculty%u28threading.Thread%u29%u3a
    def __init__%u28self, nr%u29%u3a
        threading.Thread.__init__%u28self%u29
        self.number = nr

    def run%u28self%u29%u3a
        sum = 1 
        for i in range%u281, 10000%u29%u3a
            sum = i*sum
        print self.number

if __name__ == "__main__"%u3a
    FacLauncher%u28%u29.start%u28%u29
Jaa, Informatiker, ihr dürft mir für diesen Code aufs Maul hauen. ;-)


Bilder:
ImageImage
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Image

Links:
Openboot
BSD-Disklabel
NEBS-FAQ (Spezifikation)
T1 bei Sun selber
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Freak :-))

Aber nett gemachtes Review.
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